Kleine Verschnaufpause in Hannover mit einem Smoothie und bequemen Sesseln.

Und Abflug…

Ich wache auf, es ist kalt und dunkel, draußen sieht man nur schwarz. Ab und zu ruckelt es ein wenig. Ich schaue nach links und sehe Leon, meinen Mitfreiwilligen, der neben mir schläft. Ich bin total müde, aber die aufrechte Sitzposition lässt mich nur schwer schlafen.

Etwa 15 Stunden zuvor

Meine Familie und ich sitzen in der S-Bahn Richtung Hauptbahnhof. Heute Abend werde ich vom Frankfurter Flughafen nach Argentinien fliegen. Aber dort muss ich erst einmal hinkommen. Am Hauptbahnhof trennen sich unsere Wege für ein Jahr. Ein seltsamer Gedanke, unwirklich und kaum zu begreifen. Um 12 Uhr am Dienstag Mittag fährt mein Zug mit fünf Minuten Verspätung in den Bahnhof ein. Jetzt wird es ernst! Es fällt mir schwer die Tränen zurück zuhalten. Ich steige ein und nach einiger Zeit, schließen die Türen und der Zug setzt sich in Bewegung. Papa läuft noch einige Meter mit dem Zug mit, lässt sich aber dann zurückfallen und ich kann ihn nicht mehr sehen. Ich suche mir einen Platz und hoffe, dass dieser bis Hannover nicht reserviert ist. Ich fahre über Wolfsburg erst nach Hannover, dort muss ich umsteigen. Wir erreichen den Bahnhof mit 13 Minuten Verspätung, genau meine Umsteigezeit, mein Anschlusszug ist also weg. Ich mache mir keinen Stress, denn ich bin wirklich früh losgefahren und werde zwischen 16 Uhr und 17 Uhr schon in Frankfurt sein. Ich habe also in Hannover eine Stunde Wartezeit, die ich im Balzac Coffee mit einem Himbeersmoothie verbringe. Schon hier bin ich echt geschafft. Mein 15 Kilogramm schwerer Rucksack macht sich wirklich bemerkbar.

Kleine Verschnaufpause in Hannover mit einem Smoothie und bequemen Sesseln.
Kleine Verschnaufpause in Hannover mit einem Smoothie und bequemen Sesseln.

Von Hannover aus, kann ich direkt bis zum Flughafen durchfahren. Dort warte ich noch ungefähr zwei Stunden auf meine Mitfreiwilligen, Doreen, Noah und Leon.
Der Flug verläuft gut, auch wenn ich wenigen und schlechten Schlaf bekomme. In São Paulo machen wir einen Zwischenstopp und müssen drei Stunden warten.

Im Flugzeug gibt es kleine Anzeigen, die den Flugweg darstellen. Wir fliegen von der Sonne weg, das sieht man an dem großen Schatten auf dem Bild.
Im Flugzeug gibt es kleine Anzeigen, die den Flugweg darstellen. Wir fliegen von der Sonne weg, das sieht man an dem großen Schatten auf dem Bild.
Interessante Flugdaten werden ebenfalls angezeigt. Hier zum Beispiel die Flughöhe und die Außentemperatur.
Interessante Flugdaten werden ebenfalls angezeigt. Hier unter anderem die Flughöhe und die Lufttemperatur.
Sicher in Córdoba gelandet

Nach insgesamt 15 Stunden im Flugzeug und 25 Stunden Reise (für mich), landen wir sicher in Córdoba. Leider ist Leons zweite Tasche nicht auf dem Gepäckband und so verzögert sich unser Treffen mit Julio und Patri, die das Kinderheim leiten und uns abholen wollten.

Daran muss ich mich jetzt gewöhnen. Durch die Zeitverschiebung, lebe ich quasi fünf Stunden in die Vergangenheit versetzt. Wenn es in Deutschland 18 Uhr ist, gibt es hier Mittagessen, denn bei mir ist es 13 Uhr.
Daran muss ich mich jetzt gewöhnen. Durch die Zeitverschiebung, lebe ich quasi fünf Stunden in die Vergangenheit versetzt. Wenn es in Deutschland 18 Uhr ist, gibt es hier Mittagessen, denn bei mir ist es 13 Uhr.

Doch als wir endlich den Ankunftsbereich verlassen, werden wir herzlich von ihnen empfangen. Wir fahren in die Stadt und essen Lomito, ein reich belegtes Sandwich, das typisch für Córdoba ist. Den restlichen Nachmittag, verbringen wir in Córdoba und fahren, als es schon dunkel wird, endlich nach San Marcos Sierras.

Die Kinder im Kinderheim sind noch wach und sitzen im Gemeinschaftsraum, als wir gegen 21 Uhr ankommen. Sie begrüßen uns herzlich und beobachten uns dabei, wie wir unser Gepäck ins Zimmer bringen. Uns wird noch kurz das Gelände gezeigt, aber so richtig lernen wir es erst am nächsten Tag, im Hellen kennen. Ich merke erst jetzt, wie müde ich wirklich bin und falle erschöpft ins Bett.

Blick auf den Platz in San Marcos Sierras. Hier finden ab und zu Veranstaltungen statt, wie Konzerte oder Kinderzirkus.
Blick auf den Platz in San Marcos Sierras. Hier finden ab und zu Veranstaltungen statt, wie Konzerte oder Kinderzirkus.
San Marcos Sierras

In den letzten Tagen, waren wir schon oft im Dorf, haben mit den Kindern gespielt und hier alles etwas kennengelernt. San Marcos Sierras ist ein kleiner Ort, umringt von Bergen mit ungefähr 3.500 Einwohnern. Im Sommer sind hier zahlreiche Touristen unterwegs, deswegen gibt es viele Hostels, Hotels und Ferienwohnungen.

Hier beginnt gerade der Frühling. Viele Pflanzen beginnen zu Blühen. Die rosanen Blüten passen perfekt zu der Hauswand des Hauses.
Hier beginnt gerade der Frühling und viele Pflanzen beginnen zu blühen. Die rosa farbigen Blüten passen genau zu der Hauswand.

San Marcos Sierras wird im Internet auch „El Pueblo de la Miel“, das Dorf des Honigs, genannt. Und in der Tat fällt mir auf, dass viele Schilder Honig bewerben. Auf dem Markt wird sehr viel Honig angeboten, vielleicht probiere ich ihn mal. Außerdem ist das Dorf für seine vielen Hippies bekannt. Ich finde das irgendwie cool, obwohl nicht alle hier ihnen gegenüber freundlich gesinnt sind. Durch den Ort fließt der Fluss Río San Marcos, der im Sommer jeden Tag überfüllt von Menschen ist.

Der nächst größere Ort ist Cruz del Eje, in dem man besser einkaufen kann, als in San Marcos. Wenn wir in eine Stadt fahren wollen, müssen wir nach Córdoba, doch dahin sind es zweieinhalb Stunden Fahrtweg mit dem Auto.

El Hogar de Niños – das Kinderheim

Im Kinderheim leben zur Zeit 33 Kinder, die zwischen 18 Monaten und 19 Jahren alt sind. Vier Ehepaare und einige Freiwillige kümmern sich in verschiedenen Schichten um die Kinder. Wir werden Tía und Tío (Tante und Onkel) genannt. Mein nordischer Name Svenja ist für die Menschen hier schwierig auszusprechen, deswegen werde ich Tía Sisi genannt. Wie das spanische sí (ja), mit einem scharfen S. Das Gelände bietet viel Platz für die Kinder. Hier gibt es ein Fußballfeld, große Flächen zum Spielen und ein Bach bahnt sich seinen Weg durch den Staub. Für die Kinder ist der Außenbereich einfach toll. Es gibt ein großes Gebäude auf dem Gelände, in dem sich der Speiseraum, Aufenthaltsraum, Küche und unsere Zimmer befinden. In den anderen Gebäuden wohnen die Ehepaare und die Kinder, ist der Raum für die Wäsche und es gibt eine Werkstatt.

Im Hintergrund sieht man den Fußballplatz, der oft von den Kindern benutzt wird. Die Mandarinen, am Baum, der am Bach steht, sind leider ungenießbar.
Im Hintergrund sieht man den Fußballplatz, der oft von den Kindern benutzt wird. Die Mandarinen, am Baum, der am Bach steht, sind aber leider ungenießbar.

 

La Espina, der Dorn, thront über San Marcos Sierras auf einem Berg, auf den wir vor etwa drei Wochen gewandert sind.
La Espina, der Dorn, thront über San Marcos Sierras auf einem Berg, auf den wir vor etwa drei Wochen gewandert sind.

In den ersten vier Tagen, können wir uns von unserer Reise erholen und die Gegend etwas kennenlernen, bevor wir in unser Praktikum starten. Zehn Tage lang arbeiten wir von morgens sieben bis abends 21 Uhr (am Wochenende fangen wir etwas später an und hören später auf), um die Arbeit und das Leben im Heim kennenzulernen. Wir können jeden Nachmittag etwa zwei Stunden Siesta (Pause) machen, in denen wir meistens schlafen, was eigentlich für die Siesta untypisch ist. Wir lernen schnell und intensiv und können schon bald vieles ohne Hilfe erledigen. Aber als die zehn Tage vorbei sind, bin ich ziemlich froh. Sie waren doch wirklich anstrengend! Unseren ersten freien Tag darauf, nutzen wir, um zum Río Quilpo zu fahren. Und die Tíos haben nicht untertrieben, er ist wirklich schön!

 

Seit 27 Tagen sind wir in San Marcos Sierras und mein Tagebuch füllt sich jeden Tag mit neuen Erlebnissen und Geschichten. Mir kommt es vor, als wäre ich schon ewig hier, aber manchmal, wenn ich an den Tag des Abflugs denke, kann ich mich so detailreich und lebhaft daran erinnern, als wäre es gestern gewesen. Bis jetzt hatte ich noch keine Zeit Deutschland so richtig zu vermissen, es ist noch ein bisschen wie Urlaub und ich muss mir immer wieder klarmachen, dass ich noch viele Monate vor mir habe, bis ich nach Hause komme. Aber ich freue mich auf diese Monate und hoffe, dass ich dann sagen kann, ein zweites Zuhause in Argentinien gefunden zu haben!

Meine Mitfreiwilligen, Doreen, Leon und Noah (v.l.n.r.) und ich am Río Quilpo.
Meine Mitfreiwilligen, Doreen, Leon und Noah (v.l.n.r.) und ich am Río Quilpo.

 

2 Gedanken zu „Und Abflug…“

  1. Liebe Svenja, schön, dass Du gut angekommen bist und dass es Dir gefällt. Aber Arbeit von morgens sieben bis abends neun? Ist das nicht heftig? So wie Du Deine Tage beschreibst, kommst Du wohl gut klar damit. Wir wünschen Dir eine weiterhin gute Zeit.
    Liebe Grüße von Sonny und Deinem Opa.

  2. Liebe Svenja,

    es scheint Die richtig gut zu gehen. Toll, dass Du den Mut hast und für ein Jahr Kindern in einem anderen Land Freude und Wissen bringst. Das ist sicherlich für Dich und die jungen Menschen eine Bereicherung. So wie Du schreibst, fühlst Du dich in San Marcos Sierras sehr wohl und bereust deine Entscheidung nicht.

    Viele glückliche Stunden wünschen Dir die
    Coesfelder Levermänner

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