Das Tor zum Gelände des Kinderheims Sierra Dorada.

„Buen día, vamos chicas“ – Meine Arbeit im Kinderheim Sierra Dorada

Seit mehr als zwei Monaten bin ich schon in San Marcos Sierras. Mein Arbeitsort ist auch gleichzeitig mein Wohnort. Ich arbeite fünf Tage in der Woche und habe zwei Tage frei. Es gibt eine Frühschicht und eine Spätschicht, die jeweils 7 Stunden dauern. Hier im Heim wohnt das Gründerehepaar mit ihren Kindern, zwei weitere Ehepaare, die sich um die Kinder des Heims kümmern und ein viertes Ehepaar, dass jeden Tag kocht und sich an zwei Tagen der Woche auch um die Kinder kümmert. (Mittlerweile arbeitet das vierte Ehepaar nicht mehr im Heim.)

Aber was ist überhaupt meine Arbeit? Wie sieht so eine Schicht aus?

Das Tor zum Gelände des Kinderheims Sierra Dorada.
Das Tor zum Gelände des Kinderheims Sierra Dorada.

Ein Tag im Kinderheim der Fundación Sierra Dorada

Die Frühschicht

Um 7 Uhr wecken wir die Kinder, die zur Schule gehen. Wir öffnen die Türen und machen das Licht an und wünschen den Kindern einen guten Morgen (Buen día). In die Schule gehen die Kinder der Primaria (Grundschule), der Secundaria (weiterführende Schule) und der Escuela Especial (Schule für Kinder mit Lernschwierigkeiten und körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen). Es gibt immer einige Kinder, die nicht zur Schule gehen, z.B. weil sie neu im Heim sind und erst ein Platz an der Schule organisiert werden muss. Andere gehen nur jeden zweiten Tag zur Schule, wie z.B. manche Kinder der Escuela Especial.
Um 8 Uhr werden die Kinder von einem der Tíos (Onkel) zur Schule gebracht.

Im Lavadero wird die gesamte Wäsche der Kinder gewaschen.
Im Lavadero wird die gesamte Wäsche der Kinder gewaschen.

In der Zwischenzeit kann ich schon mal eine Waschmaschine mit Wäsche der Kinder anstellen oder Wäsche aufhängen, wenn abends eine Maschine gestartet wurde.

Ich arbeite morgens mit einem der zwei Ehepaare, die für die Kinder zuständig sind, und mit einigen der Freiwilligen aus Argentinien zusammen. Wenn die Kinder dann alle auf dem Weg in die Schule sind, habe ich Zeit, selbst zu frühstücken. Oft sitze ich dann mit den Freiwilligen zusammen, bevor jeder seiner Arbeit nachgeht.

Um 9 Uhr stehen die Kinder auf, die nicht zur Schule gehen. Für diese bereite ich Frühstück, wenn es nicht einer der argentinischen Freiwilligen schon gemacht hat. Oft ist dann das Ehepaar auch vom eigenen Frühstück zurück und passt auf die Kinder auf.

Die Ropería ist im Sommer immer schön kühl. Doreen bereitet gerade die Wäsche für das Duschen vor.
Die Ropería ist im Sommer immer schön kühl. Doreen bereitet gerade die Wäsche für das Duschen vor.

Ich habe nun Zeit, um in die Ropería (Wäscheraum) zu gehen. Dort ist es schön kühl und mit etwas Musik, ist die Wäsche für die Kinder schnell vorbereitet und zusammengelegt. In diesem Raum liegt die Kleidung der Jungs und Mädchen des einen Hauses auf dem Gelände, in dem eigentlich die jüngeren wohnen. Nach einigen Vorfällen, wurden manche der älteren Mädchen jedoch auch in diesem Haus untergebracht, deren Wäsche jetzt in der Ropería liegt.

Jeden Abend duschen die Kinder. Dafür bereite ich vormittags die Wäsche in Handtücher gewickelt in einer Kiste vor. Jeden zweiten Tag beziehungsweise im Sommer, wenn es heiß ist, jeden Tag, wird die Kleidung gewechselt. Sonntags bereite ich zusätzlich die Schulkleidung vor.

Die Zeit am Vormittag wird meistens von Wäsche beansprucht. Waschmaschinen starten, Wäsche auf- und abhängen, zusammenlegen und einsortieren und für das Duschen vorbereiten.

Die Kinder beim Mittagessen im Comedor (Essenraum).
Die Kinder beim Mittagessen im Comedor (Essenraum).

Um 12:30 Uhr (ungefähr…), gibt es dann Mittagessen. Circa eine Stunde später sind wir fertig mit essen und dann helfe ich beim Spülen oder mache weiter Wäsche, wenn meine Hilfe in der Küche nicht benötigt wird.

Um 14 Uhr endet die Frühschicht. Ich empfinde sie immer als sehr entspannt, da die Kinder nicht da sind und ich in der Ropería genug Zeit habe, um alles in Ruhe vorzubereiten.

Die Spätschicht

Direkt im Anschluss an die Frühschicht, beginnt um 14 Uhr die Spätschicht. Meistens kommen die Kinder während wir zum Mittag essen aus der Schule zurück.

Das Haus und der Garten füllen sich wieder und ich kann Kinder rufen hören oder sie mit dem Fahrrad vorbeisausen sehen. Die Schicht beginnt oft sehr entspannt. Wenn in der Küche noch nicht alles fertig gespült wurde, helfe ich schnell.

Seit einiger Zeit sind die Fahrräder wieder repariert. Nun können wir mit den Kindern wieder Fahrradtouren machen.
Vor circa zwei Wochen wurden die Fahrräder wieder auf Vordermann gebracht. Jetzt können wir mit den Kindern wieder Fahrradtouren machen.

In der Spätschicht arbeite ich mit einem der Ehepaare und entweder Doreen, Noah oder Leon (meine Mitfreiwilligen) zusammen. Um 14 Uhr lösen sich auch die Tíos und Tías ab. Die meiste Wäsche ist schon vorbereitet und zusammengelegt, also gestaltet sich der Nachmittag oft sehr ruhig. Bei gutem Wetter sitzen wir meistens draußen, trinken Mate und quatschen, während wir die Kinder beobachten. Vor der Schiebetür zum Essenraum stehen ein Tisch und eine Bank aus Holz, an die wir uns dann setzen. Falls es dann doch noch Wäsche zum Aufhängen gibt, unterbreche ich die nette Runde kurz, aber kann dann wieder zurück kehren.

Auf dem Platz spielen die Kinder Gruppenspiele, die Besucher vorbereitet haben.
Auf dem Platz spielen die Kinder Gruppenspiele, die Besucher vorbereitet haben.

Die Kinder machen nachmittags Hausaufgaben oder spielen auf dem Fußballplatz Fußball, fahren mit den Fahrrädern umher oder spielen fangen. Aus Deutschland haben wir den Kindern vier Gesellschaftsspiele mitgebracht, die wir oft zusammen spielen.

Um 16.30 Uhr bereiten wir dann die Merienda vor. Hier in Argentinien, gibt es 4 Mahlzeiten am Tag. Das Frühstück, bestehend aus Keksen oder Criollos (kleine, quadratische Teigwaren) und einem Tee oder Milch. Mittags gibt es oft etwas warmes, an heißen Tagen vielleicht nur einen Salat, weil der nicht so schwer im Magen liegt. Es gibt unter Anderem Kartoffeln, Möhren, Kürbis, Reis, mal Nudeln, mal Pizza (am Wochenende) und nur an einigen Tagen Fleisch, denn hier wird viel Wert auf Gemüse gelegt. Gegen 17 Uhr gibt es dann die Merienda. Manche der Tíos nennen sie auch einfach nur Leche (Milch), weil oft Milch mit Gebäck oder Keksen mit Marmelade gereicht wird. Die Milch kann mit Tee, Kakao oder Dulce de Leche (Karamell) gemischt sein oder die Kinder trinken Vanillemilch oder einen Trinkjoghurt. Die Merienda kann man ungefähr mit dem sonntäglichen Kaffeetrinken in Deutschland vergleichen, nur dass es sie wirklich jeden Tag gibt. Das Abendessen ist immer warm und besteht aus dem, was vom Mittagessen übrig geblieben ist oder wird neu gekocht.

Das Haus, in dem die jüngeren Mädchen und die Jungs schlafen. Neben der Tür zum Mädchenzimmer trocknen gerade die Schuhe, die die Kinder in der Schule tragen.
Das Haus, in dem die jüngeren Mädchen und die Jungs schlafen. Neben der Tür zum Mädchenzimmer trocknen gerade die Schuhe, die die Kinder in der Schule tragen.

Nach der Merienda gehen die Kinder wieder raus und haben noch ein bisschen Zeit, bevor es dann zum Duschen geht. Im Haus der jüngeren Mädchen gibt es ein Bad mit drei Duschen, das von fast allen Mädchen benutzt wird. In einer halben bis dreiviertel Stunde, duschen die Chicas hier. Viel Zeit dürfen sie sich aber nicht lassen, da sonst die Wahrscheinlichkeit höher ist, dass die Letzten kein warmes Wasser mehr haben und das wäre in meinen Augen unfair.

Zwischen 19 Uhr und 20 Uhr werden die Tische für das Abendessen gedeckt. In einem Plan, der festhält, wer, wann und wobei mithilft, sind alle Kinder eingetragen. Es gibt immer Kinder, die beim Tischdecken und Spülen helfen oder den Essenraum sauber machen. Mit den Kindern zusammen, ist alles schnell vorbereitet und wir setzen uns.

Wenn alle Kinder da sind, ist der Essenraum recht voll und wird von über 30 durcheinander quatschenden Stimmen gefüllt.

Nach dem Abendessen, bringen wir die Kinder ins Bett, die nicht mit dem Spülen dran sind.

Blick in die Werkstatt und auf die Zimmertüren der argentinischen männlichen Freiwilligen (rot) und der Mädchen im Alter zwischen 13 und 15 (blau).
Blick in die Werkstatt und auf die Zimmertüren der argentinischen männlichen Freiwilligen (rot) und der Mädchen im Alter zwischen 13 und 15 (blau).

Die Mädchen wohnen in drei verschiedenen Häusern. Wie schon erwähnt, gibt es das Haus für die jüngeren, in dessen Doppelhaushälfte auch die zehn Jungen wohnen. In den zwei Zimmern der Mädchen, teilen sich elf Kinder den Platz. Neben der Werkstatt gibt es ein Zimmer für die Mädchen zwischen 13 und 15 Jahren. Hier schlafen sie zu sechst. Auf einer kaum merklichen Anhöhe, wohnen die ältesten Mädchen und die Jüngste. Vier Siebzehnjährige und die Eineinhalbjährige teilen sich das Zimmer.

Das Häuschen der ältesten Mädchen und der Jüngsten.
Das Häuschen der ältesten Mädchen und der Jüngsten.

 

 

 

Um 21 Uhr endet die Schicht und somit auch der Tag für alle im Heim.

 

 

Dieser Tag beschreibt einen Werktag und auch diese unterscheiden sich natürlich. Am Wochenende, verschieben sich die Arbeitszeiten ein bisschen, weil die Kinder nicht zur Schule müssen. Die Frühschicht beginnt dann um 9 Uhr und endet um 16 Uhr. Die Schichten überschneiden sich etwas, da die Spätschicht von 15 Uhr bis 22 Uhr geht.

Oft bekommen wir Besuch am Wochenende. Das können Leute sein, die wir aus der Kirche in La Falda (ein Ort circa eine Stunde von San Marcos Sierras entfernt) kennen, zu der wir jeden zweiten Sonntag gehen oder Freunde des Gründerehepaars und der Tíos oder Interessierte und Spender.
Dann ist das ganze Gelände gefüllt und wir essen zusammen, spielen mit den Kindern und unterhalten uns.

Wenn es heiß ist, gehen wir zum Río Quilpo oder Río San Marcos. Die Tíos erzählen, dass wir im Sommer eigentlich fast von morgens bis abends dort sind, weil man es sonst in der Hitze nicht aushält.
In der Regenzeit, die jetzt begonnen hat, regnet es öfter und dazu noch ziemlich stark. Dann verbringen wir die Zeit im Haus. Die Kinder können etwas malen oder wir spielen zusammen, es ist Zeit für Hausaufgaben oder sie gucken einen Film, aber wenn es Gewittert, bleibt der Fernseher aus.

Vorbereitungen für den Urlaub am Meer: Ein Banner mit den Handabdrücken von allen Kindern.
Vorbereitungen für den Urlaub am Meer: Ein Banner mit den Handabdrücken von allen Kindern.

In der letzten Zeit habe ich mit der Freiwilligen aus Argentinien, die für die Wäsche zuständig ist und sich am besten damit auskennt, da sie schon seit vier Jahren hier ist, und mit einer der Tías die Taschen für das Meer gepackt. Denn bald steht ein Urlaub mit dem ganzen Heim und dem zweiten Kinderheim der Fundación Sierra Dorada vor der Tür.

Einer der Jungen ist gerade an der Reihe. Die vielen Hände, lassen das Banner farbenfroh leuchten.
Einer der Jungen ist gerade an der Reihe. Die vielen Hände, lassen das Banner farbenfroh leuchten.

Heute (28.11.2016), fahren wir ans Meer, nach La Lucila del Mar, südlich von Buenos Aires.

Ich bin schon sehr gespannt, denn die Tíos beschreiben die Woche als sehr entspannt. Wir werden wohl jeden Tag an den Strand gehen und die Seele baumeln lassen.
Aber genaueres werde ich dann nach dem Urlaub berichten.

 

Mittlerweile ist hier alles Normalität geworden. Ich weiß, was in welcher Schicht passiert und was es zu tun gibt.

Im Dorf gehen wir jeden Freitag zum Tango (im Sommer leider nicht so regelmäßig, da das Haus in dem die Stunden stattfinden Pause hat), montags gehen wir zum Salsa und Bachata Kurs und am Wochenende gibt es viele Möglichkeiten die Abende zu gestalten.

Mit Mechy, der Freiwilligen aus Argentinien, waren wir letztens zum Abschied gemeinsam Pizza essen. Sie wird Anfang Dezember ihre letzte Uniprüfung haben und das Kinderheim dann verlassen.
Mit Mechy, der Freiwilligen aus Argentinien, waren wir letztens zum Abschied gemeinsam Pizza essen. Sie wird Anfang Dezember ihre letzte Uniprüfung haben und das Kinderheim dann verlassen.

Vor einiger Zeit waren wir im Club von San Marcos. Schon von Weitem hört man die laute Musik. Der Club ist in einem kleinen Haus in dem zwei Räume die Tanzfläche bilden. Um zwei oder drei Uhr ungefähr öffnen die Türen, aber zu dieser Uhrzeit, sind kaum Leute da.
Wir sind dort mit den Leuten vom Rugby Team gewesen, die Leon und Noah vom Training kennen.
Im großen und ganzen war es lustig, obwohl ich die Musik, die hier im Club läuft, eigentlich nicht zum Tanzen höre. Hier tanzt man zu Reggaeton, Cumbia und Cuarteto.
Es war definitiv eine spannende Erfahrung, denn im Club von San Marcos, ist es ganz anders, als in Deutschland. Nach circa 2-3 Stunden Party, schließt der Club um 5 Uhr auch schon wieder und die Straßen füllen sich mit Menschen, die sich auf den Weg nach Hause machen.

Aber jetzt bin ich erst einmal gespannt auf die Zeit am Meer und meinen anschließenden Urlaub in Uruguay!

2 Gedanken zu „„Buen día, vamos chicas“ – Meine Arbeit im Kinderheim Sierra Dorada“

  1. Hallo Svenja,
    Du erlebst wirklich eine spannenden und sehr intensive Zeit, die Du bestimmt nie in deinem Leben vergessen wirst. Ich wünsche Dir weiterhin viel erfreuliche Begegnungen und bin schon gespannt auf deinen nächsten Tagebucheintrag!

    Liebe Grüße
    Hartmut

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