Ein Weihnachten im fremden Land

Es wird sich schick gemacht. Vor circa einer Stunde sind die Kinder zum Duschen in ihre Häuser verschwunden. Danach werden die Haare geglättet und frisiert, die Hemden, schönen T-Shirts und Röcke zurecht gezupft und die älteren Mädchen schminken sich.

Einige Stunden zuvor…

Ich habe heute frei und die Zeit gefunden, mit meiner Familie über FaceTime zu sprechen. In Deutschland ist es jetzt ungefähr 19 Uhr und bei mir zu Hause werden gerade die Geschenke ausgepackt. Es ist schön, ein wenig die heimelige Atmosphäre mitzubekommen. Die Kerzen flackern am kleinen Weihnachtsbaum in der Ecke und strahlen ein warmes Licht aus. Das mit wenigen Lichtern beleuchtete Wohnzimmer, scheint mir sehr gemütlich.
Ich sitze draußen im Top und werde ein wenig von der Sonne angestrahlt. Unser kleiner argentinische Weihnachtsbaum steht im Essenraum, ist aus Plastik und von oben bis unten mit glitzernden Kugeln und Lichterketten geschmückt.

Am Tag des 24. Dezembers bereiten wir für die Kinder Spiele und andere Projekte vor, wie z.B. Plätzchen backen, was hier nicht verbreitet ist, wie in Deutschland.
Am Tag des 24. Dezembers bereiten wir für die Kinder Spiele und andere Projekte vor, wie z.B. Plätzchen backen, was hier nicht verbreitet ist, wie in Deutschland.

Als alle fertig umgezogen sind, machen wir kurz ein paar Fotos und setzen uns dann zum Essen. Vom 16. Geburtstag der Fundación, ist noch viel Fleisch übrig geblieben, das verfeinert wurde und als Weihnachtsessen dient. Die Tafel ist lang und wir essen alle gemeinsam.
Über Weihnachten sind nur 13 Kinder im Heim, da viele zu Patenfamilien eingeladen wurden, um etwas familiärer das Weihnachtsfest zu feiern. Wir essen lange und unterhalten uns gut.

Einige Mädchen bereiten mit Doreen die Süßigkeiten für den Mesa dulce (süßen Tisch) vor.
Einige Mädchen bereiten mit Doreen die Süßigkeiten für den Mesa dulce (süßen Tisch) vor.

Um 00 Uhr holen wir die Geschenke für die Kinder und überreichen sie ihnen. Jedes Kind wird umarmt und wir wünschen uns allen gegenseitig ein frohes Weihnachtsfest.
Die Weihnachtsgeschenketüten wurden von Freunden des einen Erzieher-Ehepaars zusammen gestellt.
Viele der Freunde sind Paten der Kinder. Jedes Kind bekommt seine persönliche Tüte, die verschiedene Geschenke enthält.

Die Kinder freuen sich über die Geschenke, die aus Rosario (Stadt östlich von Córdoba) geschickt wurden.
Die Kinder freuen sich über die Geschenke, die aus Rosario (Stadt östlich von Córdoba) geschickt wurden.

Für die meisten Kinder ist Weihnachten besonders schwer, weil sie nicht bei ihren Familien sein können. Einige können ihre Tränen nicht zurück halten. Sie werden liebevoll von anderen Kindern und uns Tanten und Onkeln getröstet.
Dann wird gefeiert! Die Musik wird aufgedreht und die Kinder fangen an zu tanzen. Bis drei Uhr in der Nacht tanzen wir Cumbia, Bachata, den Cuarteto aus Córdoba und zu Reggaetón Musik.

Wir Freiwilligen haben uns unsere Geschenke aufgehoben. Als alle im Bett sind, setzen wir uns zu viert nach draußen unter eine Lichterkette und überreichen uns gegenseitig unsere Geschenke. Bis 5 Uhr feiern wir unser kleines, feines, eigenes Weihnachten.

Und da bekomme ich das erste mal seit Beginn der Weihnachtszeit, ein kleines Weihnachtsgefühl.

Nachdem alle Kinder im Bett sind, machen wir unter uns eine kleine Bescherung.
Nachdem alle Kinder im Bett sind, machen wir unter uns eine kleine Bescherung.
Eine Woche später …

… ist schon der 31. Dezember. Es werden wieder schöne Kleider rausgesucht und die Haare geglättet und sich schön gemacht.

An Silvester sind mehr Kinder da. Einige sind von den Paten zurückgekommen und am 28.12.2016, ist ein kleiner Junge geboren, der schon nach drei Tagen seinen ersten Jahreswechsel erlebt. Auf den Fotos von Weihnachten, war seine Mutter noch mit einem Babybauch zu sehen.
Wir essen wieder gemeinsam an einer Tafel und dieses mal sind auch ein paar Bekannte zu Besuch gekommen. Um kurz vor 00 Uhr starten wir den Countdown zum Neuen Jahr.

Feuerwerk ist in Argentinien aufgrund der Trockenheit leider verboten. Der Sohn des Gründers der Fundación hat aber trotzdem eine kleine Fontäne besorgt, die er entzündet und damit die Kinder jubeln lässt. Irgendwo im Dorf lässt jemand einige Raketen steigen, die über den Baumwipfeln in bunten Farben explodieren. Hier hört man aber nicht, wie in Deutschland, um Punkt 00 Uhr unzählige Raketen knallen.
Bis drei Uhr tanzen und feiern wir, bevor wir dann die Kinder ins Bett bringen und aufräumen. Danach gehen wir noch mit einem der Onkel und seinen zwei Söhnen in den Pool. Der Himmel ist klar und wir können viele, glitzernde Sterne sehen.

Spät in der Silvesternacht plündern die Kinder die Kostümkiste und tanzen verkleidet weiter.
Spät in der Silvesternacht plündern die Kinder die Kostümkiste und tanzen verkleidet weiter.
Einige Tage später

Am Abend des fünften Januar sammeln die Kinder Gras, legen es um den Weihnachtsbaum in den Essenraum und stellen einen Eimer mit Wasser daneben. Ich bin erst ein wenig verwirrt, doch dann stellen sie auch noch ihre Schuhe dazu und ich verstehe.
Diese Tradition kennt in Deutschland jedes Kind als Sankt Nikolaus. Am fünften Dezember werden die Schuhe geputzt und vor die Tür gestellt. Manchmal legen die Kinder ein Glas Milch und ein paar Plätzchen dazu, Proviant für den Nikolaus.

Für die drei heiligen Könige ist alles vorbereitet. Die Schuhe wurden auf das Grasbett unter dem Weihnachtsbaum gelegt.
Für die drei heiligen Könige ist alles vorbereitet. Die Schuhe wurden auf das Grasbett unter dem Weihnachtsbaum gelegt.

In Argentinien kommen in der Nacht zum sechsten Januar die Reyes Magos, die drei heiligen Könige. Das Gras und Wasser verspeisen und trinken die Kamele der Könige, während diese unter den Baum Geschenke legen.

Leider können wir am nächsten Morgen nicht dabei sein, als die Kinder die Geschenke der Reyes Magos entdecken. Denn für uns geht es los, zum Zwischenseminar nach Chile, doch dazu demnächst erst mehr.

2 Gedanken zu „Ein Weihnachten im fremden Land“

  1. Liebe Svenja,
    erst heute habe ich Deinen Blog mit sehr viel Interesse und Freude gelesen.
    Toll, welche prägenden Erfahrungen Du sammeln kannst. Gerade zu solchen Anlässen sind die Kinder ja sicher in einem Ausnahmezustand. Für Euch Betreuer sicher nicht ganz leicht. Behalte Deine Freude an Deinem Einsatz.
    Liebe Grüße
    Großmutter

  2. Liebe Svenja,
    auch wenn es nicht so heimelig wie zu Hause war, ich finde, Du hast ein erfahrungsreiches Weihnachtsfest verbracht. Und den Jahreswechsel allemal. Jetzt kann ich mir gut vorstellen, wie Du mit den Kindern lebst und arbeitest.
    Herzliche Grüße von Deinem Opa

Die Kommentare sind geschlossen.